Licht und Schatten in Elden Ring – Ein Ersteindruck

Dunkle Wolkenwände ziehen in Elden Ring auf | Screenshot: Hollow Cake (www.hollowcake.de)

Dies ist ein kurzer Meinungsartikel zu From Softwares kürzlich neu erschienenem Videospiel Elden Ring. Hierbei handelt es sich um meinen Ersteindruck und meine Erfahrungen mit dem Spiel. Andere Erfahrungen und Ansichten zu Elden Ring haben genauso ihre Legitimität. Der Beitrag ist weitestgehend spoilerfrei.
Elden Ring ist am 25.02.2022 für nahezu alle gängigen Videospielplattformen erschienen und in Deutschland freigegeben ab 16 Jahren.


Einleitung

Ich selbst bin zum ersten Mal 2011 durch das originale Demon’s Souls und anschließend direkt Dark Souls mit Spielen von From Software in Berühung gekommen und habe seitdem jeden ihrer Titel in der Soulsborne-Reihe (mit Ausnahme des Demon’s Souls Remakes) ausgiebig gespielt. Persönliches Highlight war dabei – nach anfänglichem Zögern – Sekiro: Shadows Die Twice, dicht gefolgt von Bloodborne und Dark Souls, wobei alle Spiele Inhalte oder Funktionen mitbringen, die ich besonders an ihnen schätze.

Altbewährt

Vieles, was ich nach knapp 20+ Spielstunden in Elden Ring zu Gesicht bekommen habe, kommt mir bekannt vor. Schon in Demon’s Souls gab es Bereiche, in denen der Einsatz der richtigen Waffe den Kampf gegen bestimmte Gegnertypen erleichtert hat. Die teilweise wilde Kameraführung, die nicht grundlos oft (scherzhafterweise) als härtester Endgegner der Soulsborne-Spiele bezeichnet wird, ist auch wieder zurück. Große Feindesgruppen wurden in Dark Souls II eingeführt, waren damals in der Regel verhasst und wurden als spaßmindernd empfunden.

Spätestens seit Bloodborne wurde von Entwickler:innenseite der Fokus auf gesteigertes Spieltempo gelegt und mit Sekiro: Shadows Die Twice wurde nicht nur das Schleichen ermöglicht, sondern auch eine, für Soulsborne-Verhältnisse, relativ offene und nahezu frei begehbare Welt eingeführt, wie sie meinem Empfinden nach zumindest nicht einmal in Dark Souls vorhanden war. Fast überflüssig zu erwähnen, aber nicht zu vergessen, sind die erneut unglaublich immersive Spielewelt, die geringfügige Spieler:innenführung, vage Storyelemente, das grandiose Artdesign sowie die stimmungsvolle Musikuntermalung und natürlich das altbekannte Gameplay.

Mehr über Gameplay und eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Videospielen findest du zum Beispiel in unserem Essay Was sind Videospiele? Eine philosophische Betrachtung.

Und dennoch frisch

Dabei werden die typischen Formeln und Elemente, welche From Software mit jedem Release, zumindest seit dem Erscheinen von Demon’s Souls (2009/2010), verfeinert haben, und die jede:n Soulsborne-Veteran:in relativ schnell ins Spiel finden lassen dürften, einmal mehr um spannende Neuerungen und Funktionen ergänzt, die das Spiel von den geistigen Vorgängern abhebt und eine (leicht) andere beziehungsweise neuartige Spielerfahrung bietet.

Die fast vollständige offene Welt lädt an fast jeder Ecke zum Erkunden ein und ermöglicht es in Kombination mit der ohnehin sehr freien Charaktererstellung noch mehr als zuvor das eigene Spielerlebnis zu individualisieren. Sinnvollerweise wurde die Springen-Funktion vom Rennen getrennt und hat eine separate Tastenbelegung erhalten und zudem wurde ein Reittier spendiert, mit dem sich die großen Distanzen der Oberwelt gut bewältigen lassen. Eigentlich fehlen nur noch Gleitschirm und ein Klettermodus – beides habe ich bisher nicht entdeckt – und Elden Ring könnte einen Haken hinter nahezu jede Spieloption setzen, die ein modernes Open World Spiel anbietet.

Dies allein macht Elden Ring erst einmal weder besser noch schlechter als andere Videospiele des gleichen Genres und bislang genieße ich das Abenteuer im Zwischenland, wie die Spielwelt bezeichnet wird, sehr. In meinen wenigen Stunden bisher bin ich dabei bereits auf einige Dinge gestoßen, die mich positiv, aber auch negativ überrascht haben und die meinen Ersteindruck genauso formen wie Licht und Schatten in Elden Ring meine Reise konstant begleiten.

Die große Freiheit in Elden Ring

Freie Charaktererstellung

Die Soulsborne-Spiele standen schon immer dafür, dass sie den Spieler:innen viel Freiheit zugestehen. Angefangen bei den sehr umfangreichen Gestaltungsoptionen des eigenen Spielcharakters, über das Aufleveln, welches die Seelen, Blutechos oder eben jetzt Runen, frei auf alle verfügbaren gewünschten Skills verteilen lässt und es dabei keine Klassengrenzen gibt, sodass man sich einen komplett individuellen Build erstellen kann, bis hin zu der oftmals fast vollständig freien Wegwahl, die in vielen Fällen oft nur durch die eigenen spielerischen Fähigkeiten oder den Charakterlevel begrenzt, aber eben nicht vollständig eingeschränkt wird.

Aus philosophischer Sicht sind die From Software-Spiele unter anderem aufgrund dieser angebotenen Freiheit sehr spannend, die im starken Kontrast zu dem zyklischen Ablauf der erzählten Geschichten, die sich eigentlich in jedem Soulsborne-Teil finden, steht. Denn obwohl man selbst relativ frei darin ist, wie man die Herausforderungen in den Spielen angeht, so scheinen die Welten von grundauf jedoch sehr stark deterministisch und zudem wiederholend aufgebaut zu sein. Die Soulsborne-Spiele bieten sich somit sehr gut an, um die Debatte um den freien Willen, wie sie in der Philosophie geführt wird, näher zu betrachten.
Auch beliebt sind Auseinandersetzungen mit dem Existenzialismus und Nihilismus, und damit beispielsweise verbunden mit Fragen zum Sinn des Lebens, zu Existenz sowie der Verbindlichkeit von Normen und Werten.

In Elden Ring findet sich diese freie Klassen- und Charakterwahl selbstverständlich wieder. Durch die neue Open World wird den Spieler:innen nun zudem eine Freiheit gewährt, wie sie so bisher ansatzweise nur in Sekiro: Shadows Die Twice vorhanden war.

Freie Erkundung im Zwischenland

Entdeckt man eine Siedlung in der Ferne, oder eine Ruine inmitten eines Waldes oder sieht auf der Weltkarte eine interessante Struktur, so kann man gefühlt problemlos zu jedem Ort reiten und diesen erkunden – Spiele wie The Legend of Zelda: Breath of the Wild oder das jüngst erschienene Horizon: Forbidden West lassen grüßen. Dabei ist es auch problemlos möglich feindlich gesinnte Mobs und sogar auch Zwischenbosse zu umgehen oder einen Kampf mit ihnen zu initiieren und – zumindest in der Oberwelt – aus diesem wieder zu fliehen, wenn man merkt, dass man unterlevelt ist.

Auch lässt sich sogar einer der sogenannten Legacy Dungeons – in diesen halten sich die Hauptbosse des Spiels auf – relativ zu Beginn des Spiels umgehen, indem man das Gebiet einfach umläuft, was wiederum bedeutet, dass der Erkundung und der Freiheit auch hier weniger Grenzen gesetzt werden. Dies ist mir, zumindest in dem Ausmaß, so aus kaum einem anderen Soulsborne-Spiel bekannt.

Diese Option dürfte Elden Ring zugleich auch deutlich einsteigerfreundlicher machen. Die Oberwelt des Zwischenlands bietet so viele frei zugängliche Bereiche, dass es kein Problem ist, Neues zu entdecken, dabei Runen zu farmen und die Spielmechaniken zu verinnerlichen, sodass der Levelgrind für alle, die noch „git gud“ werden müssen, abwechslungsreich ausfällt und nicht bedeutet, den gleichen Levelabschnitt 100 Mal ablaufen zu müssen. Auch müssen Bosse oder Zwischenbosse, die einem selbst nicht liegen – Shirafuji und Shirahagi haben mich eine Weile in den Träumen verfolgt – nicht zwingend game breaking sein. Fühlt man sich für einen Bereich nicht bereit, reitet man einfach woanders hin, sammelt Erfahrung und kommt dann gestärkt wieder.

Zwar gab es auch in den Vorgängertiteln oft schon alternative Wege in Gebiete herein und aus diesen heraus – Dark Souls und Sekiro allen voran genannt. Doch war bislang das übliche Muster eines Levelabschnitts, dass spätestens am Ende ein Bosskampf wartet, welchen es zu gewinnen gilt, wenn man mehr vom Spiel sehen will. So frei man in den Soulsborne-Spielen in der Erkundung bisher war, sie waren dennoch verhältnismäßig linear angelegt.

Elden Rings Dungeons, Dungeons und Legacy Dungeons

Fühlt man sich von der offenen Oberwelt erschlagen, dürfte man sich in einem der unzähligen Dungeons, die man an jeder Ecke in der Zwischenwelt findet, schnell heimelig fühlen. Zumindest als Soulsborne-Veteran:in. In diesen Levelabschnitten kämpft man sich durch dunkle Höhlen oder bewachte Festungen und muss sich an deren Ende oft einem Zwischenboss stellen, aus dessen oder deren Kampfgebiet es dank goldener Nebelwand so schnell auch kein Entrinnen gibt.

Stirbt man auf dem Weg durch den Dungeon oder gar im Bossraum, muss man sich mitunter mühselig denselben Weg entlang kämpfen – oder hastig an allen Mobs vorbeisprinten und auf etwas Glück hoffen – um die hart erfarmten Runen einzusammeln. Einfach mit dem Reittier zur Stelle des Todes reiten und dann das Weite suchen ist nicht möglich. Spätestens hier dürfte sich Elden Ring für Viele dann wieder wie ein klassisches Soulsborne-Spiel anfühlen, das den Spieler:innen viele Steine in den Weg legt, die es zu überwinden gilt.

Ich selbst habe bisher nur das Startgebiet zu großen Teilen sowie die Halbinsel der Tränen erkundet und mich durch Schloss Morne gekämpft, um einen Brief zu überbringen. Entsprechend sind meine Erfahrungen mit dem Spiel noch recht begrenzt. Dennoch sind mir ein paar Punkte aufgefallen, die sich eventuell als problematisch herausstellen könnten. Diese sind aber nicht zwingend exklusiv für Elden Ring, sondern stellen die Schattenseiten für viele Open World Spiele dar.

Bietet Elden Ring zu viel Freiheit?

Lineares Weltdesign und eine vermeintliche offene Welt

Kann es zu viel Freiheit in einem Videospiel geben? Dieser Punkt ist zweifelsohne umstritten und mit Sicherheit auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. Der eine Spieler mag es, an der Hand genommen zu werden und ein lineares Abenteuer zu erleben, während die andere Spielerin ohne Einschränkungen die Welt erkunden möchte und sich für die Story nur wenig interessiert.

Unterschiedliche Spieler:innen mit verschiedenenen Interessen und Vorlieben gibt es mindestens so viele, wie es unterschiedliche Arten von Videospielen und Genres gibt, vermutlich sogar deutlich mehr. Und das ist nichts Schlechtes, sondern ermöglicht uns Spieler:innen ein überaus vielfältiges Vergnügen, in dem grundsätzlich jede:r für sich ganz individuell seine Art Videospiel finden kann.

Das „besondere“ Leveldesign der Soulsborne-Spiele

Die Soulsborne-Spiele zumindest zeichneten sich bisher unter anderem dadurch aus, dass sie, nach einer ersten Einstiegshürde, eine immersive, tiefgreifende Spielwelt darbieten, die vor allem mit exzellentem Welt- und Leveldesign überzeugen kann. Konkret meine ich damit die verflochtenen Wege und Areale und das damit verbundenen „Aha-Erlebnis“, welches einen überkommt, wenn man nach einigen Spielstunden, in denen man dem Levelverlauf folgt, einen Aufzug betritt und plötzlich wieder am Anfang des Levels steht oder einen Übergang in einen neuen Bereich findet. Besonders beeindruckend ist dies dann, wenn das Ganze zudem auch geografisch Sinn ergibt beziehungsweise in sich stimmig ist.

Vor allem der erste Teil der Dark Souls-Reihe hat dieses Prinzip der verflochtenen Wege, Abkürzungen und Levelübergänge meines Erachtens nach absolut beeindruckend umgesetzt. Dies erreicht das Spiel dadurch, dass es sich bei den einzelnen Abschnitten in der Regel um die angesprochenen linearen Levelstrukturen handelt, die sinnvoll und durchdacht gestaltet und aneinander angesetzt wurden. Dark Souls erzeugt somit geschickt den Anschein einer nichtlinearen Open World allein schon durch die Art und Weise, wie die einzelnen Areale ineinander übergehen und wie sie sich in sich selbst verzweigen.

Zudem bietet das Spiel durchaus relativ nonlineare Passagen, indem die Reihenfolge, in welcher man die einzelnen Areale angeht, von den Spieler:innen frei gewählt werden kann. Durch die vielen verzweigten Wege und Übergänge kommt es dann vor, dass man bestimmte Abschnitte in einer anderen Reihenfolge spielt als andere Spieler:innen.

Spieldesign und Leveldesign sind bedeutende Punkte für die Philosophie der Videospiele und werden beispielsweise auch in der Ästhetik untersucht.
Auf Youtube finden sich zudem viele Videoessays, die sich mit den Welten der Soulsborne-Spiele auseinandersetzen und diese untersuchen. Ein sehr gelungener Videoessay, wie ich finde, ist „The World Design of Dark Souls“ von Youtuber:in Game Maker’s Toolkit.

Die Welt von Elden Ring

Elden Ring scheint nun mit diesem Vorgehen beim Welt- und Leveldesign zu brechen. Zumindest in den Gebieten, die ich innerhalb der ersten knapp 20+ Stunden entdeckt habe. Der offensichtlich tragende Faktor hierbei ist die offene Welt. Eine frei begehbare Weltkarte macht es nahezu unmöglich, die Vernetzung der einzelnen Gebiete und die Verzweigungen innerhalb einzelner Areale aufrecht zu erhalten, will man nicht künstlich Grenzen setzen und so die Erkundung der Spieler:innen beschränken.

Durch die Dungeons und Legacy Dungeons wird das bekannte Leveldesign dann allerdings doch wieder eingeführt. Indem man innerhalb der offenen Welt Gebiete definiert, die nur einen Zugang haben, können innerhalb dieser Gebiete bewährte und beliebte Designentscheidungen in Form der relativ linearen und vermeintlich nonlinearen Level wieder eingeführt werden. Der „Geist der Soulsborne-Spiele“, zumindest in Hinsicht auf das Leveldesign, wird so auf die neue offene Spielwelt übertragen.

Tatsächlich scheint mir die Tendenz hin zu einer offeneren Spielwelt schon in den Vorgängertiteln deutlich zu werden. Während in Dark Souls II noch eine ähnliche Weltstruktur wie in Dark Souls vorzufinden ist – auch wenn die Vernetzung der einzelnen Level untereinander mitunter nicht so sinnvoll erscheint – werden die vornehmlich linearen und verzweigten Abschnitte zugunsten von weitläufigeren Gebieten, die man aus vielen verschiedenen Richtungen angehen kann, spätestens in Sekiro:Shadows Die Twice stark zurückgenommen.

Problematisch ist dies vor allem aus zwei Gründen. Zum einen geht grundsätzlich das erwähnte „Aha-Erlebnis“ verloren oder wird stark abgeschwächt. Zum anderen hat dies natürlich auch einen Einfluss darauf, wie ein Gebiet gestaltet werden kann oder muss, was sich wiederum auf das Balancing auswirkt.

Die Dungeons, die ich bisher erkundet habe, wirkten alle wenig komplex und verzweigt und etwaige Abzweigungen wurden nach wenigen Minuten Spielzeit bereits wieder zusammengeführt. Da ich vor allem das Leveldesign des ersten Dark Souls als überaus gelungen empfinde, ist dies bislang eine kleine Enttäuschung für mich. Ich bin aber dennoch sehr gespannt, was mich noch in den Legacy Dungeons erwarten wird. Zudem ist dies grundsätzlich nichts Schlechtes, da eine solche Gestaltung in einem gelungenen Gesamtkonzept – wie beispielsweise bei Sekiro: Shadows Die Twice – durchaus überzeugen kann.

Das Problem bezogen auf das Gebietsdesign und das Balancing ergibt sich daraus, dass vor allem in der Oberwelt die Plazierungen der Mobs teilweise sehr durcheinander wirken und man an einer Stelle gegen drei menschliche Mobs kämpfen muss und hinter der nächsten Biegung gegen einen übergroßen Bären, vor dem zumindest am Anfang wahrscheinlich nur die Flucht bleibt. Auch variiert die Schwierigkeit der Dungeons innerhalb des Startgebiets sehr.

Positiv ist, dass man einfach wegreiten und später wieder kommen kann, wenn man stärker ist. Auf der anderen Seite kann aus designtechnischer Sichtweise aber gefragt werden, wieso sich die Entwickler:innen dazu entschieden haben, einen Dungeon, für den ein deutlich höheres Charakterlevel sinnvoll ist, so früh zu integrieren, anstatt das Levelcap für alle Dungeons in einem Gebiet auf ähnlichem Niveau zu halten.

Doch ein solches Problem betrifft letztlich nicht nur Elden Ring und dem Spielspaß schadet dies in erster Linie auch nicht unbedingt. Auch hier wird es für viele Spieler:innen vermutlich vor allem eine Geschmacksfrage sein.

Die Spielwelt sinnvoll füllen

Der zweite Problempunkt schließt an die Platzierungen der Mobs an und greift weitere Aspekte auf, die Open World Spiele generell betreffen. Denn um die Spielwelt interessant und das Spiel unterhaltsam zu gestalten, muss eine offene Spielwelt auch sinnvoll gefüllt werden. Dies betrifft neben den Mobs auch andere NPCs, verfügbare Items, Dungeons, Siedlungen oder Städte, und weitere interessante Orte. Zudem sollte eine offene Welt abwechslungsreich sein und idealerweise auch interessante, einfallsreiche oder lustige Nebenquests anbieten.

Quests und NPCs

Da Elden Ring, ganz im Sinne seiner geistigen Spielevorgänger, von der erzählten Geschichte und der gesamten Aufmachung her keinen sonderlich fröhlichen Ton anschlägt und es oberstes Spielprinzip bei From Software ist, sowohl die Handlung als auch die Spielführung möglichst vage und mysteriös zu gestalten, ergibt sich hier eine besonders große Hürde. Mitnichten sei damit gesagt, dass Soulsborne-Spiele keinen Humor haben. Ganz im Gegenteil sind sie teilweise, ob gewollt oder ungewollt, überaus humorvoll. Seien es Items oder deren Beschreibungen, bestimmte Designentscheidungen oder manche NPCs – man denke nur an die Ritter von Catarina.

Die Vagheit der Questlines, fehlende, genretypische Gestaltungselemente wie Questlogs, sowie die spärliche generelle Einführung und Formulierung der Aufgaben, machen es Elden Ring jedoch nicht unbedingt leichter. Vieles davon macht zwar genau den Charme oder Reiz der Soulsborne-Spiele aus – unter anderem deshalb spiele ich sie selbst so gern – allerdings kann das Spiel Gefahr laufen, dass sich dies negativ auf das Erleben in der offenen Spielwelt auswirkt. Vermutlich nicht grundlos wurde inzwischen per Patch die Möglichkeit nachgereicht, Marker zu platzieren und zudem werden NPCs nun auf der Weltkarte angezeigt.

Weiterhin sind die From Software-Spiele bislang nicht dafür bekannt, wirklich abwechslungsreiche Quests und bedeutende Interaktionen zwischen Spieler:innencharakter und NPCs. Zwar werden durchaus tiefgründige Geschichten erzählt – siehe Siegward und Yhorms Geschichte in Dark Souls III beispielsweise. Ob dies aber für eine große offene Welt ausreicht, kann ich aktuell noch nicht sagen. Ob das Zwischenland solche Interaktionen und Quests überhaupt zwingend braucht, ist natürlich nicht auszuschließen.

Zurück zu den Dungeons

Was mir in der bisherigen Spielzeit jedoch als minimal störend aufgefallen ist, betrifft die Gestaltung der Dungeons sowie die Wiederverwendung der Mobs. Vier unterschiedliche Arten Dungeons habe ich bisher ausfindig machen können. Schlichte Höhlen, Bergwerke, Grabstätten und Festungen. Innerhalb dieser vier Kategorien sind vor allem die ersten drei Dungeons wenig abwechslungsreich und unterscheiden sich kaum voneinander.

In Höhlen ist es vor allem dunkel, die Wände sind aus Lehm und ab und zu enthalten sie das obligatorische environment hazard, wie beispielsweise einen Giftsumpf. In Bergwerke fährt man oft mit einem Fahrstuhl hinunter, an dessen Ende dann das Leuchtfeuer – hier „Orte der Gnade“ genannt – platziert ist, während man alternativ auch links neben dem Fahrstuhl herunter springen kann um ein oder zwei Items einzusammeln. In den Grabstätten findet man Fallen vor und bisher enthalten sie auch die gleichen Mobs.

Dies wird sich vermutlich noch im weiteren Spielverlauf ändern, spricht aber leider doch etwas für die fehlende Abwechslung und ein wiederverwenden bereits verwendeter Elemente. Dieses „Reusing“ und im Falle von Mobs das „Reskining“ findet sich oft in Open World Spielen, bei denen es zeitlich nicht gereicht hat, die gesamte Welt zu befüllen oder bei denen den Entwickler:innen die Ideen ausgingen und man als Spieler:in durchaus den Eindruck kriegt, dass weniger vielleicht mehr gewesen wäre.

Einen ähnlichen Eindruck hatte ich auch bei der Verwendung der Zwischenbosse. Als Zwischen- oder Hauptbosse betrachte ich dabei die Mobs, die eine gesonderte Lebensleiste am unteren Bildschirmrand haben und die auch nicht wieder respawnen, wenn man an einem Ort der Gnade rastet. Zum einen habe ich in der kurzen Zeit bereits zweimal zwei gleiche Zwischenbosse besiegt, die im Verhalten und Design nahezu identisch waren und ich weiß aus Youtubevideos, dass an anderen Stellen ebenfalls Zwischenbosse quasi via Copy and Paste ins Spiel eingefügt sind. Hier kann die Hintergrundgeschichte der Spielwelt natürlich dazu beitragen, es wirkt auf den ersten Blick aber relativ einfallslos. Ähnliche Eindrücke habe ich auch bei Objekten und Gebäuden gemacht Wobei dies bei der Vielzahl an unterschiedlichen Wesen in Soulsborne-Spielen natürlich Kritik auf hohem Niveau ist.

Zum anderen scheint in Elden Ring durch die offene Spielwelt leider ein für mich bedeutender Effekt der Soulsborne-Spiele abhanden zu kommen. Ich erinnere mich noch sehr gut an den Taurus-Dämon und noch viel besser an den Ziegendämon, welche sich mir zu Beginn von Dark Souls als Bosse in den Weg gestellt hatten und die im späteren Spielverlauf zu Standardgegnern wurden.

Dieses Wiederverwenden von einstigen Bossen halte ich für gelungen: Zum einen scheint dies das Gefühl zu erwecken, dass die Entwickler:innen dies doch nicht ganz ernst meinen können, schließlich war dies mal ein Bosskampf – im Falle des Ziegendämons ein sehr frustrierender für mich. Auf der anderen Seite wird so in Spieler:innen aber der Eindruck des Fortschritts vermittelt, wenn man feststellt, dass man die gleichen Mobs, mit denen man zu Beginn größere Schwierigkeiten hatte, nun relativ leicht besiegen kann.

In Elden Ring hatte ich leider den umgekehrten Effekt, welcher dadurch ausgelöst wurde, dass ich auf der Oberwelt mehreren starken Mobs über den Weg gelaufen bin, die im späteren Verlauf am Ende eines Dungeons als Zwischenbosse gewartet haben. Dadurch ist für mich zumindest dieses positive Fortschrittsgefühl verloren gegangen. Zudem war mir das Moveset bereits bekannt, weshalb die Zwischenbosse dann keine größere Hürde mehr dargestellt hatten.

Fazit

Da ich den Großteil des Spiels noch vor mir habe, sollten diese Kritikpunkte nicht als zu weitrechend betrachtet werden. Hierbei handelt es sich, wie eingangs geschildert, um meinen persönlichen Ersteindruck, den ich in Teilen definitiv auch auf meine bisherigen Erfahrungen mit Soulsborne-Spielen zurückziehe. Ohne das Vorwissen wäre dieser Eindruck mit Sicherheit anders ausgefallen.

Elden Ring ist aber bisher ein sehr unterhaltsames und gelungenes Videospiel, welches die Stärken – und auch einige Schwächen – der Soulsborne-Spiele aufgreift und diese Stärken gekonnt einsetzt. Durch die frei begehbare Oberwelt dürfte der Einstieg in das Spiel vor allem für Neulinge deutlich leichter ausfallen, und mit den Dungeons und Legacy Dungeons bringt Elden Ring altbekanntes, aber weiterhin stimmiges Gameplay zurück und weiß insgesamt sehr zu unterhalten. Ich bin auf jeden Fall sehr darauf gespannt, was ich noch alles in Elden Ring erleben werde.

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